Die Angst vor dem Impfstoff – Die Unklarheiten im Zusammenhang mit den Impfstoffen

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Bislang hat die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) drei Vakzine zur Impfung der europäischen Gesellschaft freigegeben. Diese werden von den Herstellern BioNTech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca produziert. Wirkstoffe anderer Pharmaunternehmen befinden sich zurzeit noch im Zulassungsprozess, darunter auch der Impfstoff Herstellers CureVac, welcher bereits Anfang des Jahres von der Europäischen Union gekauft wurde. Dabei sind die Wirkweisen und- ansätze der Vakzine grundlegend unterschiedlich. Bei den Präparaten von BioNTech/Pfizer sowie Moderna und CureVac handelt es sich um sogenannte mRNA-Wirkstoffe. Diese neuartige Form der Impfstoffe funktioniert wie folgt:

Die Hersteller haben das sogenannte SPIKE-Protein des Covid-19-Erregers identifiziert und analysiert. Dieses ist für die Bindung des Virus an körpereigene Zellen verantwortlich und erlaubt es dem Virus so, in die Wirtszelle einzudringen. Durch die Dekodierung des genetischen Codes sind Forscher in der Lage, die mRNA des Proteins zu reproduzieren. Zweck einer mRNA-Impfung ist es nicht, dem Organismus die Antikörper zur Bekämpfung des Virus zu verabreichen, sondern dem Körper die mRNA des Erregers zur Verfügung zu stellen, damit dieser selbstständig in der Lage ist, das Virus zu erkennen und Antikörper zu bilden. Hierdurch ergeben sich Vorteile: Zum einen ist der Körper selbstständig in der Lage sich zu verteidigen, zum anderen sind solche Vakzine schneller zu produzieren, da man nicht auf unschädlich gemachte Sars-Cov-2-Viren angewiesen ist. Es reicht eine kleine Menge an Viren, um die mRNA zu dekodieren, welche im Anschluss leicht hergestellt werden kann. Da keine Lebendviren gespritzt werden, fällt die Anzahl der Nebenwirkungen gering aus. Nachdem der mRNA-Wirkstoff von BioNTech/Pfizer nun weltweit millionenfach gespritzt wurde, lassen sich zudem die positiven Hochrechnungen zur Wirksamkeit bestätigen. Wie DW und FAZ berichten, liegt die Wirksamkeit in Israel, nach erfolgter Spritzung der zweiten Dosis, bei 94-96 Prozent.

Das Präparat des Herstellers AstraZeneca ist ein Vektorimpfstoff. Ähnlich den mRNA-Wirkstoffen, wird auch hier auf einen Lebendvirus, wie beispielsweise bei einer Masernimpfung, verzichtet. Stattdessen wird ein Teil des Virengenoms über einen Trägervirus, sogenannten Vektoren, in den Körper gegeben. Nachdem der Körper mit dem Antigen des Virus in Kontakt gekommen ist bildet dieser selbstständig Antikörper, um Sars-Cov-2-Viren bei Eindringen in den Organismus abzutöten. Im Vergleich zu den mRNA-Vakzinen ist die Herstellung des Vektorimpfstoffes mit weniger Kosten verbunden. Im Bezug auf sein Vakzin hat der Hersteller AstraZeneca allerdings mit einer negativen Reaktion der Öffentlichkeit und von medizinischem Personal zu kämpfen.

 

AstraZeneca – Die Kontroversen um den schwedischen Impfstoff

Seit dem 29. Januar 2021 ist der Wirkstoff des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca in Europa zur Impfung zugelassen. Allerdings kämpfen die Hersteller des Vakzins seit der erfolgten Zulassung gegen eine nicht endende Welle aus Kontroversen und negativer Presse an. Dies führt dazu, dass deutsche Bürger die Impfung mit AstraZeneca bewusst ablehnen und die Schweiz geht, laut „Neue Züricher Zeitung“, soweit, dass sie bereits erworbenen Dosen des Wirkstoffes wieder verkaufen möchte. Woher rührt diese Reaktion?

Vor der Zulassung AstraZenecas, war die deutsche Bevölkerung positiv gestimmt. Schließlich bedeutet ein weiteres zugelassenes Präparat auch mehr zur Verfügung stehende Impfdosen. Doch mit der Zulassung wurde ebenfalls bekannt, dass der Wirkstoff nicht für die Impfung der Bevölkerungsgruppe 65+ zugelassen sei, also eben jener Demographie, die den Wirkstoff am dringendsten benötige. Dies liegt jedoch nicht daran, dass der Impfstoff von AstraZeneca für ältere Menschen bedenklich wäre, sondern wird begründet, durch einen Mangel an Studien bzgl. der Wirksamkeit des Impfstoffes bei Menschen der Demografie 65+, so die „Ärztezeitung“. Die Wissenschaft erwartet jedoch neue Erkenntnisse aus England, wo der Wirkstoff an dieser Altersgruppe getestet wird.

Zusätzlich war die Wirksamkeit des Impfstoffes für Teile der Bevölkerung von Beginn an fragwürdig. Im Vergleich zu den Wirkstoffen von Moderna und BioNTech/Pfizer wurden in Studien von AstraZeneca „nur“ eine Wirksamkeit von 70% nachgewiesen. Hinzu kommt, dass der Wirkstoff gegen die grassierenden Mutationen, insbesondere der aus Afrika stammenden Mutation B.1.351, eine geringere Wirksamkeit vorweist. Da diese Mutationen inzwischen weltweit zu finden sind haben Leute vielerorts Angst sich trotz einer Impfung mit AstraZeneca zu infizieren.

Die Regierung gibt indes Entwarnung. Auf der Webseite der Bundesregierung ist zu lesen, dass es sich bei AstraZeneca um einen „hochwirksamen und sicheren Impfstoff (…)“ handele, welcher „(…) schwere Krankheitsverläufe“ verhindere. Zudem musste „kein Teilnehmer der Zulassungsstudien stationär behandelt werden“. Es wird betont, dass der Impfstoff eine reguläres Zulassungsverfahren durchlaufen habe und somit denselben Sicherheitsstandards unterliege wie die Wirkstoffe von Moderna und BioNTEch/Pfizer. Es wird sehr schnell klar, dass die Bundesregierung bestrebt ist, den negativen Ersteindruck zu bereinigen. Im Bezug auf die Wirksamkeit sagt die Bundesregierung Folgendes:

Was bedeutet eine Wirksamkeit von 70 Prozent? Der Wert bezieht sich nicht auf den Schutz des einzelnen Geimpften - sondern auf das Risiko einer Erkrankung von einer Gruppe Geimpfter verglichen mit einer Gruppe Nicht-Geimpfter mit vergleichbarem Ansteckungsrisiko. Eine Wirksamkeit von 70 Prozent bedeutet also nicht einen 70-prozentigen Schutz des Geimpften, sondern dass 70 Prozent der Fälle verhindert werden, die ohne Impfung auftreten würden.“

Leider entsteht, durch die genannten Probleme im Impfprozess eine wachsende Unzufriedenheit mit dem Krisenmanagement der deutschen Regierung. Laut Deutschlandtrend der Tagesschau vom 21. Januar sind 54 Prozent der Bevölkerung wenig bis gar nicht zufrieden mit dem deutschen Krisenmanagement nach Einführung des November-Lockdowns. Doch speziell in der Wahrnehmung des AstraZeneca-Wirkstoffes und den darüber verbreitenden Informationen gibt es Lücken.

 

Die Expertenmeinung – Falschinformation und Missverständnisse

Im NDR-Podcast „Corona Update“, vom 16. Februar 2021, äußerte sich Dr. Christian Drosten, leitender Virologe an der Berliner Charité und Experte für den Coronavirus, zur Debatte um den Impfstoff von AstraZeneca sowie den Studien zur Impfwirkung im Allgemeinen. Seine Kernaussage: Das es „keinen Grund gäbe, den Corona-Impfstoff von AstraZeneca als zweitrangig zu betrachten“.

Laut Dr. Drosten sind „(…) die verwirrenden Schlagzeilen rund um die Vakzine damit zu begründen, dass man in klinischen Studien noch keinen Zusammenhang zwischen Schutz- und Übertragungskorrelaten feststellen konnte.“

Er nennt zudem die Gründe, weshalb die Studien zur Wirksamkeit streitbar sind. Dr. Drosten begründet dies damit, dass

  1. solche Studien oftmals mit einer zu kleinen, nicht aussagekräftigen Probandenzahl durchgeführt würden und
  2. es nicht möglich sei, im Labor zu prüfen, ob ein Impfling wirklich geschützt sei.

Um hierüber eine falsifizierbare Aussage treffen zu können, müssten mehrere, nebeneinander gelegte Studien laufen. Dr. Drosten bedauert zudem, dass es, auf Grund der Brisanz der Thematik, „dazu kommt, dass jede neue, zum Teil nicht begutachtete Studie, gleich in der breiten Medienöffentlichkeit diskutiert wird. Eine einfache „Daumen-hoch-Daumen-runter“-Aussage über die Wirksamkeit der Vakzine zu treffen, sei schlicht und ergreifend nicht möglich. Es herrsche ein grundsätzliches Missverständnis in der öffentlichen Diskussion.“ Was man in den Studien jedoch eindeutig feststellen konnte ist, dass sich durch eine Schutzimpfung schwere Krankheitsverläufe verhindern lassen. Dabei ist der genaue Impfstoff nicht entscheidend. So lag der CT-Wert (hoher Wert gleich weniger Viruslast) bei immunisierten am ersten Tag des Infektionsnachweises auf dem Niveau, welches ungeimpfte Probanden erst nach elftägigem Krankheitsverlauf erreichten. Wie auch die Deutsche Bundesregierung erwähnt Dr. Drosten mehrfach, dass es bei keinem der Impf-Probanden zu einem schweren Krankheitsverlauf kam. Viel mehr gäben die Studien Grund zur Annahme, dass schon die erste Impfung zu einer deutlichen Abnahme der Infektionszahlen in einem dreiwöchigen Zeitfenster führen.

Die negative Rezeption des AstraZeneca-Wirkstoffs im Speziellen, lässt sich laut seiner Aussage auf mangelnde Kommunikation zurückführen. Das Vakzin sei von der Universität Oxford mitentwickelt worden und Forscher sein daran interessiert zu publizieren, um die Leistungsfähigkeit und den Fortschritt der Forschung zu dokumentieren. Auf Grund dieses Umstandes würden Teilstudien veröffentlicht, welche besser in einem größeren Rahmen, also in einer großen Zusammenfassung mit belastbareren Zahlen, und einem internationalen Vergleich hätten veröffentlicht werden sollen, um solchen Missverständnissen vorzubeugen.

Zudem stellt Dr. Drosten die Kredibilität der südafrikanischen Studie zur Wirksamkeit von AstraZeneca teilweise in Frage. Es sei richtig, dass man einen „Immune-Escape“ der Mutante B.1.351 feststellen konnte, also, dass der Impfstoff von AstraZeneca nicht so effizient schützen würde, jedoch würden Faktoren in die Studie einfließen, welche das Bild der Studie verzerren. Zum Beispiel sein in der Studie zur Wirksamkeit 42-45 Prozent aller Probanden Raucher gewesen. Dies sei nicht repräsentativ für Deutschland und Europa. Ebenfalls sein die ökonomischen Gegebenheiten in Südafrika nicht mit den deutschen zu vergleichen, weshalb der Gesundheitszustand in Südafrika schlechter sei und damit das Infektionsrisiko trotz Schutzimpfung steigen würde.“

Zusammenfassend müsse man die Studienergebnisse und die verbreiteten Informationen über Impfstoffe, deren Wirkweise und Nebenwirkungen immer im Gesamtkontext sehen. Fachfremden Personen fällt dies jedoch schwer, weshalb es zur Zeit zu Missverständnissen und Kontroversen kommt. Den Podcast finden Sie in voller Länge auf unter dem oben geführten Hyperlink und auf allen gängigen Podcastplattformen.

 

Fazit – Welcher Impfstoff ist „der Richtige“?

Die aktuell kursierenden Informationen über einzelne Impfstoffe lassen vermuten, dass es eine „Qualitätsrangliste“ der Impfstoffe gäbe. Dem ist nicht so. Jeder Impfstoff hat Vor- und Nachteile. Während BioNTech/Pfizer, CureVac und Moderna Impfstoffe herstellen, die eine größere „Wirksamkeit“ vorweisen, sind sie aber auch teurer in der Produktion. AstraZeneca ist zwar laut aktuellen Studien nicht so wirksam gegen die Mutante aus Südafrika, allerdings hat diese Mutante weniger Relevanz für Europa. Gegen die britische Mutante B 1.1.7 wurde keine Wirkminderung nachgewiesen. Je länger der Wirkstoff gespritzt und genutzt wird, desto mehr Informationen bekommen wir über seine Wirkweise und Resilienz. Alle Impfstoffe sind Teil der Impfkampagnen Europas und das Impfangebot sollte genutzt werden. Fakt bleibt: Eine Impfung mit einem „weniger wirksamen“ Impfstoff ist wirksamer als keine Immunisierung zu haben. Kein Wirkstoff kann eine Infektion zu 100 Prozent verhindern. Es besteht immer ein Restrisiko. Jedoch verhindern ausnahmslos alle zugelassenen Impfstoffe einen schweren, lebensgefährdenden Krankheitsverlauf und das sollte der Fokus der Debatten sein.